Schon lange vor der Erfindung der Generation Y gab es eine „Theorie X/Y“, die bei Führungskräften heute noch für Aha-Momente sorgt. Da stehen allerdings keine Altersgruppen im Mittelpunkt, sondern die unterschiedlichen Vorstellungen, die sich Manager von ihren Mitarbeitern machen. Und das hat wiederum viel mit den Wünschen der heutigen Generation Y zu tun.

Worum geht bei diesem „X“ und „Y“? Der amerikanische Managementvordenker und Soziologe Douglas McGregor hat erforscht, mit welchen Grundannahmen Führungskräfte ihren Mitarbeitern begegnen. (Sein Buch „The Human Side of Enterprise“ erschien 1960.) McGregor unterscheidet im Kern zwei grundverschiedene Menschenbilder oder Theorien:

Typ Druck oder Typ Chance?

Theorie X:  Führungskräfte, die diese Theorie über ihre Mitarbeiter oft unbewusst im Kopf haben, glauben, dass Menschen eigentlich gar nicht arbeiten wollen. Deshalb müssen sie stramm gelenkt, geführt und mit besonderen Anreizen motiviert werden. Der Mitarbeiter vom Typ X scheut Verantwortung und Selbstständigkeit. Er strengt sich nur an, um materielle Sicherheit zu haben. Er muss deshalb sehr genau angeleitet und kontrolliert werden. Menschen brauchen Druck.

Theorie Y: Diese Grundannahme beschreibt den Menschen als von Natur aus leistungsbereit und aus sich selbst heraus motiviert. Wenn sich Mitarbeiter vom Typ Y mit den Zielen und Werten des Unternehmens identifizieren, sind externe Kontrollen und Anreize überflüssig. Sie übernehmen gerne Verantwortung, entwickelt eigene Initiativen und können auch Probleme eigenständig lösen. Alles Eigenschaften, die auch der Generation Y heute zugeschrieben werden: Sie wünschen sich Freiräume und Chancen.

Wenn ich Führungskräfte in Seminaren frage, ob sie sich selbst eher als Vertreter von Typ X oder Typ Y sehen, kommt fast immer als Ergebnis: „Ich bin Typ Y, na klar. Ich übernehme gern Verantwortung. Sonst könnte ich meinen Job gar nicht machen!“

Spannend wird es bei der Frage, mit welcher Haltung sie dann ihren Mitarbeitern begegnen.

Typ X sagt: „Hmm, die Leute brauchen doch Druck und klare Ansagen. Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser.“

Denken Sie auch so? Dann haben Sie wahrscheinlich unbewusst die Theorie X im Kopf. Sie tun sich schwer damit, Vertrauen aufzubauen und den Kollegen authentisch auf Augenhöhe zu begegnen. Vielleicht haben Sie auch ein Faible für Mikromanagement, machen sehr genaue handlungsorientierte Vorgaben und kontrollieren seufzend, ob alles auch genau so ausgeführt wurde, wie Sie es für richtig halten.

Typ Y sagt: „Ach, die Leute brauchen Chancen und Freiräume. Mein Vertrauen ist die beste Motivation.“

So ähnlich antworten Führende mit einem Menschenbild der Theorie Y. Sie führen eher partnerschaftlich, schaffen Herausforderungen und freuen sich an positiven Entwicklungen. Ergebnisse und Lösungen zählen mehr als die genaue Befolgung einer Handlungsanweisung. Das schafft Sinn und ermöglicht Eigenverantwortung.

Die Haltung bestimmt das Verhalten: Führungskreis X und Y

(nach McGregor, Grafik Karin Zintz Volbracht)

Natürlich ist auch die X-Y-Theorie nur eine schematische Konstruktion. In Reinkultur sind die Typen in der Praxis höchst selten anzutreffen. Doch es macht einen Unterschied, mit welcher Grundhaltung Führende ihren Mitarbeitern begegnen. Denn da spielt die „Selbsterfüllende Prophezeiung“ eine Rolle. Die jeweilige Grundhaltung führt zu einem anderen Führungsverhalten. Dieses unterschiedliche Führungsverhalten fördert oder bestätigt wiederum bei den Mitarbeiten, ob sie sich entsprechend der Theorie X oder Y verhalten. Eine Sache bedingt im Kreise die andere, wie die Abbilödungen zeigen:

Und: Hand aufs Herz – sind wir nicht alle vorwiegend Y?